Leinenschatz gerettet!

I saved a linen treasure. 180 grams of old handspun yarn are waiting to be knitted or woven.
Ich habe einen Kellerfund geschenkt bekommen: Einen Strang handgesponnenes Leinengarn. Dem Ölgeruch nach muss er lange in einem alten Heizungskeller gelegen haben. Lüften half nichts. Deshalb entschied ich mich, das Garn zu waschen.

Durch Kochen in Waschlauge sollte es nicht nur sauber, sondern auch schön weich werden. Das versprachen jedenfalls die Waschtipps in alten Haushaltsratgebern. Aschenlauge hatte ich gerade nicht zur Hand, die hätte ich erst extra ansetzen müssen. Also rührte ich stattdessen Waschsoda in Wasser, legte den Garnstrang ein und ließ das Ganze ca. eine dreiviertel Stunde lang kochen. Das Waschwasser wurde dunkelbraun. Nach mehrmaligem Ausspülen in klarem Wasser war der Ölgeruch verschwunden.
Durch das Auskochen hatten sich die Faserenden etwas aufgerichtet, das Garn war ein ganz klein wenig wuschelig geworden. Dadurch verhakten sich die einzelnen Fäden allerdings auch ineinander. Ich musste sie also während des Trocknens immer wieder sanft voneinander trennen.

Nach dem Trocknen zeigte sich, dass das Garn sich an vielen Stellen gekräuselt hatte. Das lag wohl an der Schrumpfung beim Waschen, die typisch für Leinen ist. Beim Abwickeln von der Schirmhaspel auf ein Knäuel straffte sich das Garn aber wieder.

Interessant sind die zwei Farben des Garns, hellgrau und beige. Die beiden grauen Partien sind deutlich glatter, glänzender und gleichmäßiger als die beiden beigefarbenen. Verschiedene Farben ergeben sich durch die möglichen Röstverfahren (Wasserröste in stehendem oder fließendem Wasser, Tauröste bei trockenem oder bei Regenwetter). Ist für meinen Garnstrang Flachs aus verschiedenen Quellen benutzt worden? Die Übergänge der beiden Farbtöne sind jeweils nicht aneinander geknotet, sondern ineinander gesponnen. Haben zwei verschiedene Personen abwechselnd daran gesponnen?
„Im Durchschnitt kann man rechnen, daß ein mittelmäßiger Spinner, um 1 Pfd. Flachs auszuspinnen, 30 Stunden ununterbrochen zu arbeiten habe.“ (Allgemeine Encyclopädie für Kaufleute und Fabrikanten, Leipzig 1838)
Wann und von wem der Flachs gesponnen worden ist, werde ich nie erfahren. Es sind insgesamt 180 g Garn. Vor vielleicht 100 Jahren hat jemand dafür einen ganzen Arbeitstag lang am Spinnrad gesessen.
Ich weiß jetzt, wofür ich dieses kostbare Garn benutzen werde. Das Beigefarbene wird ein Beilaufgarn zum Socken stricken. Und das Graue eignet sich perfekt zum Weben von schmalen Bändern – ein wahrer Schatz!